es ist jetzt knapp 7 Monate her – Juli 2023, dass Du mich bei uns zu Hause in Siegen-Wittgenstein besucht hast. Ich weiß noch, wie ich erst später zu unserer Jugendgruppe dazugestoßen bin, die Euch Israelis empfangen hat. Ich war traurig, nicht von Anfang an dabei gewesen zu sein, aber umso erfreuter, als ich Dich und Deine Jugendgruppe aus Emek Hefer kennengelernt habe.
Meine Eltern haben mir immer gesagt, dass wir Deutsche eine besondere Beziehung zu Israel, den Juden haben. Ehrlich gesagt, Du und Deine israelische Freundinnen und Freunde waren so herzlich zu mir, so offen und so normal – wie Jugendliche halt so sind. Du nutzt WhatsApp, Insta und TikTok. Wie alle anderen Jugendliche auf unserem Planeten auch. Das Du Jüdin bist oder irgendwie „Besonders“, war mir total egal. Du bist meine Freundin geworden:
Wir haben zusammen getanzt, gelacht, gefeiert und Siegen, Köln und Frankfurt unsicher gemacht, unsere Siegerländer Wälder genossen und das Obere Schloss, dafür haben wir Eure Kochkünste geliebt und die wunderbaren israelische Tänze im Schlosspark ausprobiert . Wir hatten eine tolle, einzigartige Zeit zusammen. Nicht nur ich, sondern alle waren total traurig, als ihr wieder zurück nach Israel geflogen seid. Das war dann letztes Jahr im August.
Eigentlich wollte ich mit unserer deutschen Jugendgruppe und dem Kreisjugendring über Ostern zu Dir, nach Israel. Ich habe mich total auf dein Dörfchen in der Nähe der Westbank – Moshav Olesh – und Deine Eltern gefreut, die ich ja über WhatsApp kennengelernt habe. Und dann ist alles anders gekommen. Dann kam der 7.10.23 – der Terrorangriff der Hamas auf Israel – und Deine und meine Welt war eine andere.
Ella, ich hatte so eine Angst um Dich. Was wäre gewesen, wenn Du beim Supernova- Festival dabei gewesen wärest? Du liebst doch Musik wie ich auch. Ich will es mir gar nicht vorstellen, diese schrecklichen Gedanken auszumalen. 364 junge unschuldige Menschen sind dort brutal umgebracht oder entführt worden.
Meine Ella gefoltert oder als Geisel der Hamas in einem dunklen Tunnel in Gaza? Ella, das darf alles nicht wahr sein.
Am 7.10.23 habe ich erst richtig verstanden, was meine Eltern meinten, dass wir eine besondere Beziehung zu Israel haben. Auf Insta und in den Zeitungen konnte ich sehen, dass es Menschen gibt, die gegen Juden hetzten und sie am liebsten vernichten möchten. Trotz des Holocausts, der von Deutschland ausging. Trotz der schlimmen Vergangenheit. Einfach weil man Jude ist. Damit komme ich nicht klar!
Mit wutverzerrten Gesichtern stürmten sie auf die Straße und riefen Parolen gegen Israel, gegen Dein Volk und mordeten sinnlos und ohne Mitgefühl. Ella, noch heute entsetzen mich die Bilder auf Social Media.
Wann kann ich nach Israel, nach Hailfa, nach Natanja oder Tel Aviv? Meine Mutter sagte einmal, dass die Juden sich mit: „Nächstes Jahr in Jerusalem“ verabschieden. Ich wäre schon froh, wenn ich jetzt bei Dir in Deinem kleinen Moshav sein dürfte, Jerusalem muss es gar nicht sein.
Liebe Ella, diese Welt ist nicht unsere Welt. Ich hoffe, dass es Dir trotzdem gut geht und wir uns bald wiedersehen, bevor du zur Armee musst.
Ich vermisse Dich und drücke Dich ganz fest,
Deine Nelly
Leave a Reply
You must belogged in to post a comment.