Steinmeier sucht Nische in Nahost

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Jerusalem, 7. Juli 2009 – Nach einem eintägigen Besuch in Israel flog Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier am Dienstag über Zypern nach Syrien und Libanon. Die Flugroute hat symbolische Bedeutung. Ein Direktflug von Jerusalem nach Damaskus ist wegen bestehender Feindseligkeiten undenkbar.
Die Amerikaner müssen noch neue Wege erkunden, um ihre Beziehungen mit Syrien auf den Scherben der Vergangenheit neu aufzubauen. Unvergessen ist bei den stolzen Syrern, dass Präsident George Bush, Syrien zur „Achse der Bösen” zugerechnet hatte. Deutschland ist da neutraler und sucht Einfluss im Nahen Osten. Steinmeier will auch für Europa eine Rolle finden. Bisher schlossen die Amerikaner Abmachungen, die Europäer dann finanzieren durften.
Im Geflecht zwischen Israel und den Palästinensern neben den USA eine Rolle zu spielen, ist nicht erfolgsversprechend, wenn Steinmeier für sich, für Deutschland und die EU Lorbeeren ernten will.
Auf der syrisch-israelischen Achse könnte Steinmeier ein Vakuum füllen und eher einen Sieg davontragen, wenn er nur fest genug daran glaubt.
Israel und Syrien sind im Nahen Osten Erzfeinde einer besonderen Art. Sie haben vor einem gegenseitigen Zerstörungsgau so viel Angst, dass sie fast jedes Risiko eines klassischen Krieges vermeiden. Deshalb ist die Grenze zwischen Israel und Syrien auf den besetzten Golanhöhen dank gegenseitigem Respekt und mit Hilfe von UNO-Beobachten hermetisch dicht. Obgleich Syrien federführend den „legitimen Widerstand” gegen Israel unterstützt und die Hauptquartiere der „Terrororganisationen” Hamas und Islamischer Dschihad in Damaskus beherbergt, hütet sich Syrien davor, Freischärler direkt über seine Grenze nach Israel durchzulassen. Von tief sitzender ideologischer Feindschaft und einem eingefleischten Antisemitismus des Präsidenten Baschar Assad mal abgesehen, könnte ein Frieden leicht herbeigeführt werden, wenn Israel die Golanhöhen räumt und Syrien sich mit der „internationalen” Grenze begnügt. Doch Syrien besteht auch auf der Rückgabe der zwischen 1948 und 1967 von Syrien eroberten Territorien Palästinas. Der Streit geht um einen 10 Meter breiten Landstreifen, nämlich ob Syrien Zugang zum See Genezareth erhält und damit auch Zugriff auf Israels größtes Süßwasserreservoir.
Israel und Syrien haben mehrfach direkte und indirekte Friedensverhandlungen geführt. Sie endeten stets „kurz vor ihrem Abschluss”. Zuletzt vermittelten die Türken. Wegen der feindseligen Kritik Ankaras an Israels Gazakrieg und einem unhöflichen Auftritt Erdogans in Davos, bei dem er Staatspräsident Schimon Peres öffentlich verunglimpfte, hält die Entourage  Steinmeiers eine erneute türkische Vermittlerrolle der Türkei für ausgeschlossen. Europäisch-optimistisch glaubt Steinmeier an „direkte” Gespräche und nicht an die in Nahost übliche Verhandlungsmethode, Zettel zwischen den separaten Hotelzimmern der verfeindeten Delegationen zu tragen. Das taten die Türken zwischen Syrern und Israelis und das tun die Ägypter, wenn Hamas und Israel miteinander in Kairo „reden”, ohne die Gegenseite anzuerkennen.
Aus deutscher Sicht bestehe eine Chance, die unselige und „unnatürliche” Allianz des schiitischen Iran und des sunnitisch-weltlich ausgerichteten Syrien zu kappen. Grund sei das Interesse Syriens, seine wirtschaftlichen und politischen Kontakte mit dem Westen auszubauen. Ebenso müssten die von Steinmeier in Jerusalem erwähnten „Spoiler” eliminiert werden, also potentielle „Störer” eines Friedens in Nahost. Gemeint sind Hisbollah, Hamas und andere von Syrien geförderte Widerstandsgruppen.
Steinmeier ist optimistisch, auf diesem Nebenschauplatz einen Wandel herbeizuführen. Gleichwohl hat er sein Debakel vom 15. August 2006 nach Ende des Libanonkrieges nicht vergessen. Drei Stunden lang wartete er in seiner A 310 “Konrad Adenauer” auf der Startbahn in Amman und sagte schließlich seinen geplanten Flug nach Damaskus kurzfristig ab. Präsident Baschar Assad hatte kurz zuvor einen Frieden mit dem “Feind” Israel ausgeschlossen. Israel sei “auf der Grundlage von Aggression und Expansion gegründet worden – und daran hat sich nichts geändert.”
Das waren Töne, die selbst der gutwillige deutsche Außenminister nicht „überhören” konnte und den „Herausforderungen” in „keiner Weise” gerecht wurden.
Für alle Betroffenen dürfte die Überraschung groß sein, falls Steinmeier in Damaskus einem vom Saulus zum Paulus bekehrten Assad begegnen sollte,  der seinen eingefleischten Antisemitismus abgelegt hat und sich zum glühenden Zionisten bekehren ließ.


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