Jerusalem, 27. Juni 2010 Einen Tag nach der „inszenierten” Kontroverse zwischen Entwicklungsminister Dirk Niebel und dem Staat Israel, wegen einer abgelehnten Einreiseerlaubnis in den Gazastreifen, wurde Christian Wulff, CDU, Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten, dazu in einem Fernsehinterview gefragt: „Darf ein deutscher Politiker Kritik an Israel äußern?”
Eldad Beck, Berlin-Korrespondent von Jedijot Achronot, der größten Zeitung Israels, nimmt dies zum Anlass, unter dem Titel „Das Recht, Israel zu hassen” über Deutschland als „Geisel einer Kollektiv-Fantasie” zu schreiben, die zu einer „nationalen Geisteskrankheit” entartet sei. Je heftiger in Deutschland pauschale und böswillige Kritik an Israel geäußert werde, jenseits von Tatsachen und Realität, diskutiere man über ein vermeintliches „Verbot, Israel zu kritisieren”. Während viele Deutsche sich wegen einer „historischen Verantwortung Deutschlands gegenüber dem Staat Israel und den Juden” ein derartiges Verbot einbilden, lassen sich laut Beck immer mehr Deutsche zu „reinem Israel-Hass” hinreißen.
Das Kritikverbot sei eine Einbildung, „eine deutsche Erfindung”, behauptet Beck. Der Kampf gegen dieses „Tabu” diene Deutschen dazu, die Grenze von legitimer Kritik an der Politik Israels zum Antisemitismus zu überschreiten.
„Die Deutschen kämpfen gegen das erdachte Verbot, um sich selber zu genehmigen, Israel und die Juden hassen zu dürfen, wie sonst wo in Europa.”
Beck kommt angesichts dieser „krankhaften Beschäftigung mit einer Kollektiv-Fantasie” zum Schluss, dass es in Wirklichkeit kein „anderes Deutschland” (nach dem Zweiten Weltkrieg) gebe. Auch heute könne man in Deutschland die „Massen und Eliten” mit Ideen begeistern, die keinerlei Rückhalt in der Wirklichkeit hätten, während kaum jemand es wagen würde, dem zu widersprechen, „darunter sogar standhafte Freunde Israels”.
Selbstverständlich könne nicht jede Kritik an der Politik Israels mit Antisemitismus gleichgesetzt werden, doch eine pauschale Verurteilung Israels sei reiner Antisemitismus.
„Niemals”, so Beck, sei den Deutschen verboten worden, Israel zu kritisieren. Seit dem Bestehen Israels sei der jüdische Staat „großzügig” mit Kritik überhäuft worden. In der DDR sei Hass auf Israel Staatsdoktrin gewesen, während es im Westen ein Bündnis von Linksradikalen, Liberalen und Rechtsextremisten gebe. Die Besessenheit, mit der sich Politiker, Künstler, Journalisten und einfache Menschen mit diesem angeblichen Verbot beschäftigen, werde unter dem Vorwand freier Meinungsäußerung getrieben, um sich der offiziellen historischen Verantwortung zu entledigen und ihre Kritik zu radikalisieren. „Jene die behaupten, dass Deutsche ein Recht auf Kritik an Israel hätten, meinen in Wirklichkeit, dass Deutsche auch Israels Existenzrecht abstreiten dürfen.”
Bedauerlicherweise kooperiere die deutsche Führungsspitze mit diesem „Spuk”.
Schon vor langer Zeit hätte Kanzlerin Angela Merkel, dazu Stellung nehmen müssen. Ihre freundschaftliche Haltung zu Israel wird von niemandem in Frage gestellt, meint Beck. Deshalb hätte Merkel klar machen sollen, dass es keinerlei Verbot gebe, Israel zu kritisieren, dass es aber auch legitim sei, sich auf Israels Seite zu stellen. Doch Merkel tue sich schwer, das auszusprechen, solange gleichzeitig Israelis der „Neuen Linken” Deutschland von oben bis unten durchpflügen, um Deutsche zu Kritik an Israel zu ermuntern.
- 27.06.2010
- Ulrich W. Sahm
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Deutsche Kollektiv-Fantasie
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